DIE STÄNDIGE VERTRETUNG IN OST-BERLIN
Die Einrichtung von diplomatischen Dienststellen in Bonn und Ost-Berlin markiert 1974 einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Annäherung der beiden deutschen Staaten.
Im »Gartenhaus« der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin finden zahlreiche Empfänge statt. Dort begegnen sich Künstler:innen und Kulturschaffende aus Ost- und Westdeutschland, darunter auch Klaus Staeck und Heinz Schönemann.
EINE FREUNDSCHAFT:
SCHÖNEMANN – TSCHÄPE
Rudolf Tschäpe und Heinz Schönemann im Gespräch bei der Ausstellungseröffnung »Plastik, Grafik – Wieland Förster« am 7. Mai 1974 auf dem Telegrafenberg Potsdam.
Im Vorfeld der Schau bittet Tschäpe den erfahrenen Ausstellungsmacher Schönemann um Unterstützung. Mit dem Engagement für die Ausstellung beginnt eine Freundschaft der beiden Familien.
IM-BERICHT:
ERÖFFNUNG DER WIELAND FÖRSTER- AUSSTELLUNG 1974
Die Staatssicherheit beobachtet Ausstellungseröffnung, Gäste und Reden. Ein IM berichtet über das Ereignis. Besonders das Engagement und die Fähigkeit von Rudolf Tschäpe und Heinz Schönemann, eine Form der Gegenöffentlichkeit zu schaffen und damit auch Prominente wie Konrad Wolf, den Präsidenten der Akademie der Künste (Ost), anzusprechen, betrachtet die Stasi mit Argwohn.
IM-Berichte über Heinz Schönemann und Rudolf Tschäpe
Ab 1968 werden sowohl Familie Tschäpe als auch Familie Schönemann systematisch von der Stasi überwacht. Inoffizielle Mitarbeiter (IM) werden auf sie angesetzt und liefern Berichte. Sie beobachten die Familien in ihrer Freizeit, wie hier bei einem Ausflug im April 1978. Telefonate werden abgehört, die Wohnungen durchsucht.
STAATSSICHERHEIT UND ÜBERWACHUNG VON KLAUS STAECK
Die Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung) der Staatssicherheit dokumentiert Staecks Kontakte zu Schriftstellern wie Stefan Heym oder Mitarbeitern der Ständigen Vertretung. Staeck plane eine Ausstellung in der DDR heißt es im Bericht vom 8. Mai 1978. Er sei Gründungsmitglied im »Schutzkomitee Freiheit und Sozialismus«, einer Organisation, die sich für die Freilassung von politischen Gefangenen in der DDR einsetzt.
KLAUS STAECK — POLITISCHE PLAKATE
Das 500. Dürer-Jubiläum nimmt Klaus Staeck 1971 zum Anlass für seine erste Plakataktion. Er setzt der offiziellen Würdigung des Künstlers eine sozialkritische Grafik entgegen.
An über 330 Litfaßsäulen in Nürnberg lässt er Dürers Bildnis seiner Mutter aus dem Jahr 1514 anbringen und fragt provokativ: »Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?«. Staeck bleibt bei der Aktion anonym.
KLAUS STAECK — PUBLIKATIONEN IN DER DDR
1980 passiert die Plakatsammlung »Die Gedanken sind frei« die staatliche Zensur und erscheint im Ost-Berliner Eulenspiegel-Verlag. Staecks Kritik an Wirtschaftssystem und Umweltverschmutzung der Bundesrepublik Deutschland lässt sich je nach Lesart auch auf die DDR anwenden.
Aus diesem Grund sind Klaus Staecks Plakate und Postkarten dort beliebt und bekannt.
Wahlzeitung
der SPD
Bei den Kommunalwahlen im Mai 1990 treten auf kommunaler Ebene zum ersten Mal Parteien gegeneinander an. Das Machtmonopol der SED ist gebrochen. Die Wahlzeitung der SPD stellt die Kandidaten vor und formuliert die Ziele der Partei. SPD Kandidat Horst Gramlich wird als neuer Oberbürgermeister ins Amt gewählt. Die SPD erhält 32%, die CDU 16,6%, die PDS 26,5% und die FDP 3% der Stimmen.
Wahlprogramm
Neues Forum
»Kommunale Selbstverwaltung«, »Starkes soziales Engagement für die Lebensqualität der Potsdamer Einwohner«, »Erhaltung kommunalen Eigentums«, so lauten einige Ziele der Bürgerbewegungen Neues Forum und ARGUS für die Kommunalpolitik 1990. Die Plakatausstellung in der Otto-Nuschke Straße eröffnet am 1. Mai, wenige Tage vor den ersten freien Kommunalwahlen.
Broschüre: Staeck Plakate 1989/90
Die in Potsdam gezeigten Werke Klaus Staecks sind eine Auswahl von Plakaten. Sie setzen sich zusammen aus der Aktion »Der andere Wahlkampf«, die Staeck bereits im November 1989 ins Leben ruft. Die Kampagne soll die »Waschmittelwerbung der Parteien« bei den bevorstehenden Wahlen in Deutschland mit provokativen Bildcollagen bloßstellen.
Eröffnungsrede Rudolf Tschäpes über Klaus Staecks Plakate
In seiner Eröffnungsrede geht Rudolf Tschäpe auf Technik, Herstellung und Funktion von Staecks Plakaten ein. Dabei erwähnt er Staecks Kollegen und Geschäftspartner Gerhard Steidl, mit dem dieser seit 1970 zusammenarbeitet. Steidl ist verantwortlich für Grafik und Druck. Staecks Plakate, Postkarten und Kataloge erscheinen in seinem Göttinger Verlag.
Ausstellung in der Lindenstraße 1990
Heinz Schönemann und Birgit Reissland bringen die Plakate Ende April 1990 an nur einem Tag an den Wänden im ehemaligen Hafthaus an. Dafür improvisieren sie: Sperrholz verwenden sie als Bildleisten, damit sich das Papier nicht aufrollt. Angelschnur und Fleischerhaken dienen zur Hängung der Plakate an den schmiedeeisernen Gitterstäben der Gefängnisflure.